Freitag, 6. Januar 2012

XII. Wir sollten uns gründlich irren

Nun hatte sich die gesamte Familie Porsche inklusive Dr. Anton Piëch, Ferrys Schwager auf dem Schüttgut in Zell am See versammelt. Da die Amerikaner die Unterkünfte der Fliegerschule für sich beanspruchten musste nun die ganze "Porsche-Crew Zell am See" im Schüttgut untergebracht werden. Ferry schildert nun die knappen Essenrationen, die auch die Porsches hatten, keine Sonderbehandlung für die genialen Konstrukteure. Doch sie wussten sich zu helfen, zum Beispiel bauten sie einen ledierten Traktormotor um damit er mit Holz betrieben werden konnte. (Diesel und Benzin gab es nur für die Alliierten). Die Porsches hatten zu Kriegszeiten übrigens schon einen Volkswagen mit Holzgasgenerator ausgestattet und für das Werk eingesetzt. Hier hätte mich interessiert wie der mit Holzgas betriebene Motor funktioniert, offenbar faszinierte Ferry dies aber nicht sonderlich, denn er schreibt kein Wörtchen darüber.

Ich habe mich schlau gemacht:

Exkurs Holzvergasung
Durch Erhitzen entweicht aus dem Holz das brennbare Gasgemisch (Holzgas), dessen Bestandteile hauptsächlich aus dem nicht brennbaren Stickstoff der Luft, Kohlenstoffdioxid, brennbarem Kohlenstoffmonoxid (zusammen ca. 85 %) und Methan sowie kleineren Anteilen von Ethylen und Wasserstoff bestehten.

Auf den Bildern ist ein Auto mit Holzgasantrieb zu sehen.(Berlin 1946) (Quelle:Wikipedia)

Doch die Porsches kamen nicht zur Ruhe. Ende Juli 1945 kam ein deutscher, in englischen Diensten stehender Polizist nach Zell am See. Dieser war zuvor wegen krimineller Verbrechen im Konzentrationslager untergebracht, die Engländer befreiten ihn und er mauserte sich laut Porsche zum Polizeichef von Wolfsburg.
Nun wurden zwei Leichen in der Hütte von Ferrys Vater in Wolfsburg entdeckt. Dies war dem deutschen Polizisten Grund genug um die Porsches als Mörder zu denunzieren. So kam es, dass die Amerikaner erschienen und sämtliche männliche Angehörige (ausser Kinder) der Porsches inklusive der Konstrukteure ins Landgericht von Salzburg einsperrte. Dort sassen sie unter widrigen Bedingungen in einer Zelle für 32 Personen. Viele hohe deutsche Offiziere und Parteifunktionäre waren ebenfalls dort gefangen, aber auch unschuldige Bürger welche die GI's willkürlich aus der Strasse pickten, so Ferry. Ich denke dem war auch so, wer hatte bei dem Chaos nach Kriegsende noch den Überblick?
Schliesslich wurde Ferry nach sechs Wochen Haft verhört:
"Waren Sie Angehöriger der Wehrmacht?"
"Nein, ich war nie beim Militär."
"Sie waren aber doch in der Partei?"
"Nein"
"Oder in der SS?"
"Nein, auch nicht!"
"Aber in der SA?"
"Nein, auch damit hatte ich nichts zu tun!"
"Waren Sie in irgendeiner Eigenschaft an der Front?"
"Es tut mir Leid, aber ich war nicht an der Front!"
Nun wusste der Amerikaner laut Ferry nicht wirklich weiter, fragte in nach Geburtsdatum, Eltern und Zivilstand. Schliesslich sagte er:"Was haben Sie denn überhaupt während des Krieges gemacht? Sie sehen doch aus als währen Sie gesund?"
"Ich bin Ingenieur, Automobilingenieur, und habe in der Firma meines Vaters gearbeitet, der Firma Porsche in Stuttgart." (Auszüge aus Kapitel XII.)
Der Amerikaner kam nun nicht darauf nach Kübelwagen oder Panzern zu fragen und liess somit von Ferry ab.
Er wurde nun ins Internierungslager Glasenbach bei Salzburg verlegt.

Was war nun aber mit Ferdinand Porsche geschehen, der sich zur Zeit der Verhaftung in Gmünd befand? Er wurde ins Internierungslager Kransberg (Hitlers Adlerhorst) verlegt.
In Kransberg war nahezu die gesamte Führung von Speers Ministerium (Rüstung und Kriegsproduktion) versammelt, Speer und Ferdinand Porsche inklusive.
Es wurde wohl die Spreu vom Weizen getrennt, das heisst herauszufinden wer als Kriegsverbrecher vor dem Nürnberger Gericht zu erscheinen hatte. Speer setzte sich dafür ein, dass Porsche von den Vorwürfen "politischer Betätigungen" zu entlasten. So sehr sich Porsche und Speer nicht immer verstanden haben, Fairness war gegeben.
Resultat: "Es wird keine Anklage erhoben und es ist Herrn Ferdinand Porsche freigestellt, seine Konstruktionsarbeiten für die Alliierten in Österreich wieder aufzunehmen."

Nun war Ferry freigesprochen und erfuhr als er in Zell am See ankam, dass sein Sohn Ferry in Gefangenschaft sass. Er konnte schliesslich die Briten von Ferrys Unschuld überzeugen und dessen Freilassung veranlassen, vom ursprünglichen Grund, dem Mordverdacht, war während der ganzen Zeit nie gesprochen worden.

Dies zeigt mir wieder eine gewisse Willkürlichkeit, die die Alliierten ausübten, bedenkt man wiederum die Zustände war es wohl für alle Beteiligten nicht einfach zu entscheiden, wer ist "Kriegsverbrecher" wer nicht.

1. November 1945, Freilassung Ferrys.
In Zell am See angekommen, hofften alle Beteiligten der Porsches auf ein neues freies Leben. Sie sollten sich gründlich irren.
Man sammelte dann dieses Gas in einem Behälter und leitete es dann wie man das Benzin-Luft-Gemisch ("Benzingas") leiten würde in die Zylinder des Motors und zündet das Gemisch mittels einer Zündkerze.
Im Prinzip gibt es ja auch heute noch mit Gas betriebene Autos, Erdgasautos. Der Unterschied ist natürlich, das diese das Erdgas nicht "an Bord" herstellen müssen, sondern lediglich den Tank füllen.
Übrigens ist ein gewisser Leistungsverlust sowohl bei Holzgas wie auch Erdgas spürbar.

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